Um ehrlich zu sein, ich habe die Sendung „Suits“ auf Netflix gesehen und mir gedacht, das sieht großartig aus, das möchte ich auch mal machen. Dann habe ich mithilfe einer einfachen Google Suche nach Kanzleien in New York gesucht, die auch Praktikant:innen aus Europa nehmen und habe 2-3 Kanzleien kontaktiert und gefragt, ob es die Möglichkeit für ein Praktikum in den Sommerferien gäbe. Eine Kanzlei hat sich dann bei mir gemeldet und gemeint, das wäre zwar nicht möglich, aber dass ich am Bewerbungsprozess für den Zeitraum Oktober bis Jänner teilnehmen könnte. Dann habe ich kurzerhand entschieden gegebenenfalls einfach mein Studium für ein Semester zu pausieren und mich beworben. Letzten Endes hat das dann geklappt und ich wurde genommen.
Ich habe während meines Studiums laufend Englischkurse besucht, die an der Uni angeboten wurden. Das hat mir sicherlich nicht nur für das Praktikum die erforderlichen Englischkenntnisse verschafft, sondern ist auch jetzt im Arbeitsalltag extrem wertvoll. Ich arbeite im Gesellschaftsrecht, wo insbesondere im Transaktionsbusiness Englisch in vielen Projekten die vorherrschende Arbeitssprache ist.
Aber zurück zum Bewerbungsprozess – in den USA wird (ich denke mehr als in Österreich) Wert auf einen guten Notenschnitt gelegt. Zudem sind Empfehlungsschreiben von Professor: innen von der Herkunftsuni sehr wichtig. Auch wenn der persönliche Kontakt im Unialltag teilweise gar nicht so einfach herzustellen ist – für eine solche Situation ist es sicherlich von Vorteil, wenn man durch einen guten Eindruck, den man bei einer mündlichen Prüfung hinterlassen kann oder das Engagement in Seminaren oder Moot Courts ein kleines Netzwerk an Professor:innen aufbaut, die sich an eine:n erinnern können und bereit sind, ein solches Empfehlungsschreiben zu verfassen.
[Lacht]… Ja absolut, eine solche Erfahrung ist auch immer ein kleiner administrativer Marathon, vor allem wenn man nicht auf gefestigte Strukturen der Universität wie Austauschprogramme oder ähnliches zurückgreifen kann, sondern sich alles selbst organisiert. Letzten Endes hat dann aber alles geklappt, da hat mir sicher auch die Erfahrung meiner Ansprechpartner in der Kanzlei in New York geholfen, welche ja schon öfter Praktikant:innen aus Europa aufgenommen haben. Ein großer „Meilenstein“ ist das Arbeitsvisum in den USA, das brachte mich dazu, eine Reihe an Urkunden und Unterlagen – von denen ich bis dahin nicht einmal wusste, das es sie gibt – von den verschiedensten Behörden einzusammeln.
Sehr einfach gestaltete sich dazu im Vergleich die Wohnungssuche, auch das kann ja gerade in New York zur Sisyphus-Aufgabe ausarten, wenn man nicht selbst vor Ort ist. Hier wurde mir von der Kanzlei ein Wohnungsheim ausschließlich für Frauen mitten in Manhattan empfohlen, das „The Webster Apartments“. Hierbei handelt es sich um eine Non-Profit Organisation, welche es sich zum Ziel gesetzt hat, eine sichere, erschwingliche und komfortable Unterkunft ausschließlich für Frauen, die in New York City studieren, ein Praktikum absolvieren oder eine Ausbildung machen, zu bieten. Im Webster wohnen viele Frauen, die bei internationalen Organisationen wie der UN oder eben bei Kanzleien temporär arbeiten oder beispielsweise einen LL.M. absolvieren. Für mich war das eine tolle Möglichkeit nicht nur in Fußweite zur Kanzlei zu wohnen – die lag direkt am Times Square – sondern auch viele Freundinnen kennenzulernen, mit denen ich bis heute in Kontakt bin.
Mich hat diese Zeit nicht nur auf fachlicher, sondern auch auf persönlicher Ebene wirklich wahnsinnig bereichert. So durfte ich die großen nicht nur rechtlichen, sondern auch administrativen / systemischen Unterschiede zwischen den USA und Österreich kennenlernen. Zum Beispiel hatte ich dort zum ersten Mal in meinem Leben ein Scheckbuch in Händen, um Zahlungen der Kanzlei an Behörden vorzubereiten. Auch der Lohn wurde in der Kanzlei jeden Monat per Scheck bezahlt – mein Praktikum war allerdings unentgeltlich, daher habe ich selbst leider nie einen Scheck bekommen. Auch die Unterschiede in den Bereichen wie Krankenversicherung, Mutterschutz, Kündigungsfristen und Arbeitslosenunterstützung wurden mir tagtäglich vor Augen geführt. Andererseits herrscht in den USA und vor allem in New York ein ganz anderer „Spirit“ der schon absolut ansteckend und beflügelnd ist. Zudem konnte ich neben unvergesslichen Monaten in New York City aus der Zeit nicht nur Freund:innen, sondern auch ein ganzes Netzwerk an (vor allem deutschen) Fachkolleg:innen mitnehmen, mit denen ich nach wie vor in engem Austausch stehe. Gerade unter deutschen Jurist:innen ist ein solches Auslandspraktikum viel üblicher als bei uns in Österreich, da es im Rahmen der juristischen Ausbildung als Wahlstation im Referendariat angerechnet werden kann. Ich kann wirklich allen nur raten die Zeit des Studiums und der Ausbildung für genau solche Erfahrungen zu nutzen. Meine Erfahrung hat mir hier gezeigt, dass man keineswegs auf die universitären Angebote beschränkt ist, sondern sich das alles auch sehr gut selbst organisieren kann.
Stefanie Präauer hat in Innsbruck Rechtswissenschaften sowie Non-Profit, Sozial und Gesundheitsmanagement studiert und ein Auslandsemester an der Stockholm School of Economics in Riga, Lettland absolviert. Während ihrem Studium engagierte sie sich neben verschiedenen Praktika im In- und Ausland beim Europäischen Forum Alpbach. Sie ist Rechtsanwaltsanwärterin im Gesellschaftsrechtsteam bei KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte in Wien.