Die Tätigkeit von Juristinnen ist kommunikativ. Der Umgang mit MandantInnen, mit KollegInnen und RichterInnen – all das basiert auf dem gesprochenen Wort. Das macht die Stimme zum wichtigsten Soft Skill für juristische Berufsträgerinnen.
Vorträge, Pitches, Plädoyers, Gespräche: Arbeitsalltag im Beruf der Juristin. Das Werkzeug dafür ist die Stimme. Sie ist permanent im Einsatz und zahlt vom ersten Moment des Sprechens – bei Begegnungen oder auf Bühnen – auf Sympathie, Kompetenz und Glaubwürdigkeit ein. Durch die Corona- Pandemie ist die Stimme noch mehr in den Fokus gerückt. Der Berufsalltag ist zunehmend digitaler geworden, Telefonate und Online-Calls spielen eine größere Rolle. Die Übertragung der Stimme ist dabei nicht immer optimal, was bedeutet: Stimmliche Schwächen werden durch die Übertragung verstärkt. Deshalb ist es höchste Zeit, der Stimme die gebotene Aufmerksamkeit zu schenken.
Jeder hat folgende Situation schon erlebt: Man sitzt im Publikum und hört einen Vortrag, der auf thematischer Ebene interessant und wichtig für das eigene Fortkommen ist. Man lauscht der Sprecherin auf der Bühne, die Konzentration auf das Gesagte will sich aber nicht recht halten. Am Inhalt liegt es nicht. Der Vortrag ist interessant und hilfreich. Die Sprecherin allerdings scheint ein Problem zu haben. Ihre Stimme zittert. Fängt sie vielleicht gleich an zu weinen? Geht es ihr nicht gut? Nach ein paar Minuten stellt sich heraus: Nein, eigentlich ist alles in Ordnung. Sie hat ein stimmliches Problem und ist so aufgeregt, dass ihre Stimme zittert, vielleicht spricht sie sogar immer so. Dem Publikum fällt es jedoch leider entsprechend schwer, zuzuhören – auch wenn grundsätzlich schon viele Parameter am Vortrag stimmen. Das ist definitiv nicht ideal.
Juristinnen stehen häufig vor Publikum – wie auch immer es geartet ist. Dazu zählen auch MandantInnen im Gespräch oder KollegInnen im Meeting. Wer stimmlich nicht gut aufgestellt ist, riskiert, dass niemand zuhört. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Stimme für den Erfolg einer Botschaft wichtiger ist als der Inhalt. Wer gut mit seiner Stimme umzugehen weiß, schlägt gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe.
Gute SprecherInnen schaffen sich mit ihrer Stimme ein Markenzeichen. Ihr Klang ist individuell und und einzigartig. Es gibt Menschen, die am Telefon ihren Namen nicht sagen müssen, da man am anderen Ende der Leitung sofort erkennt, um wen es sich handelt. Die Stimme verrät es. Sie ist ein Markenzeichen mit Wiedererkennungseffekt.
Doch wie setzt man die Stimme so ein, dass dies gelingt? Ist die Stimme nicht von Geburt an gegeben? Kann man sie schulen? Die kurze Antwort darauf lautet: Die Stimme ist trainierbar wie ein Muskel.
Die gute Nachricht ist, dass man als (sehr) junger Mensch optimal spricht (also zunächst einmal schreit). Kulturelle Überformung und Erziehung sorgen dann – und das ist die schlechte Nachricht – jedoch leider dafür, dass wir dieses Optimum verlernen. Doch der stimmliche Idealzustand lässt sich mit Training und dem Erlernen einer guten Technik wie ein Schatz heben.
Besonders bei Frauen ist dies notwendig, denn ihre Stimme verändert sich im Lauf ihres Lebens, oft zu ihrem Nachteil. Eine hohe Stimme wirkt häufig zu niedlich und nicht kompetent. Wer seine Stimme künstlich tiefer klingen lassen will, gibt kein authentisches Bild mehr ab, sondern fügt sich höchstens selbst einen Stimmschaden zu.
Stimmbildung schafft Abhilfe: Startpunkt ist die Atmung. Wer es schafft, regelmäßig tief in den Körper hineinzuatmen, hat in der Stimme schon eine ganze Menge Kraft und Ausdauer gewonnen. Beim Singen von Tönen erschließt man sich Resonanzräume im Körper, die die Stimme klangvoll machen und zum Schwingen bringen. Mittels Gesang eröffnet man sich einen komplett neuen Werkzeugkoffer, der im Umgang mit der Stimme wahre Wunder bewirkt.
Zu dem gutem Sprechen gehören nicht nur der Hals- und Rachenraum, sondern der ganze Körper. Auch die Haltung hat einen Einfluss darauf, wie man klingt. Gut zu wissen für Juristinnen: Schuhe mit hohem Absatz beeinflussen den Stimmklang negativ.
Das Singen hat zudem einen massiven positiven Einfluss auf die mentale Ausgeglichenheit. Wer singt, produziert das Kuschelhormon Oxytocin, das Stresshormone abbaut und für Wohlbefinden sorgt. Neben der Pflege der Stimme kümmert man sich also gleichzeitig um Stressabbau – im turbulenten Anwaltsberuf ein großer Schritt hin zum Lawyer Well-being.
Der richtige Umgang mit der eigenen Stimme kann auf der Karriereleiter wahre Wunder bewirken und gleichzeitig einen Ausgleich zum stressigen Arbeitsalltag darstellen. Deshalb ist es für alle Juristinnen höchste Zeit, sich mit diesem Soft Skill ernsthaft zu beschäftigen.
Die erste Möglichkeit, sich mit der eigenen Stimme auseinanderzusetzten, gibt es für Mitglieder der Paragraphinnen bereits am 14. November im Rahmen des Online-Vortrags mit Stimmbildnerin Ute Bolz-Fischer M.A.
Ute Bolz-Fischer M.A. ist Stimmbildnerin und Stimmcoach. Sie hat an der Goethe-Universität Frankfurt am Main Gesang und Musikwissenschaft mit den Schwerpunkten Musikpädagogik und Theaterwissenschaft studiert. Als Inhaberin von Law & Voice hat sie ein speziell auf die Bedürfnisse von Juristinnen und Juristen abgestimmtes Stimmcoaching entwickelt, das auf der Grundlage des Gesangs basiert. Ihre Arbeit zielt darauf ab, die Stimmen ihrer Coachees zu stärken und die Resilienz zu fördern. Für Juristinnen und Juristen arbeitet sie mit Leidenschaft und Begeisterung.
Mehr über Law & Voice hier.