Rechtliche Grundlagen

Als Rechtsanwaltsanwärterin bzw Rechtsanwältin sollte man sich unbedingt mit den rechtlichen Grundlagen und Vorschriften bezüglich der Pensionsversicherung vertraut machen, da dies ansonsten unter besonderen Umständen extreme Vor- bzw Nachteile in der Pension darstellen kann. Die Pensionsversicherung für Rechtsanwältinnen ist in § 5 GSVG und § 49 Abs 1 RAO geregelt. Diese besagen, dass Rechtsanwälte von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG ausgenommen sind und die Rechtsanwaltskammern dafür verantwortlich sind, Versorgungseinrichtungen für Rechtsanwälte zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Rechtsanwaltsanwärterinnen und Rechtsanwältinnen sind also nicht in einer gesetzlichen Pensionsversicherung versichert, sondern bei ihrer Rechtsanwaltskammer in dem Bundesland, in dem sie tätig sind. 

Die Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages hat zur Pensionsversicherung folgende österreichweit geltenden Regelungen erlassen:

  • Verordnung der Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages über die Versorgungseinrichtungen Teil A der österreichischen Rechtsanwaltskammern (Satzung Teil A 2018). Die Satzung Teil A regelt die umlagenfinanzierte Versorgungseinrichtung.
  • Verordnung der Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages über die Versorgungseinrichtungen Teil B der österreichischen Rechtsanwaltskammern (Satzung Teil B 2018). Diese Satzung regelt die kapitalgedeckte Zusatzpension festlegt. 

Beitragshöhe

Die Höhe der Beiträge wird gemäß § 51 RAO in der von jeder Rechtsanwaltskammer erlassenen Umlagenordnung festgesetzt. Die Salzburger Rechtsanwaltskammer hat dazu zuletzt beschlossen:

  • Beitragsordnung 2023,
  • Umlagenordnung 2023 und
  • Leistungsordnung 2023.

Für das Jahr 2023 wurde der Jahresbeitrag für Teil A mit € 8.240,00 jährlich festgelegt. Für Teil B sind im Jahr 2023 € 4.444,00 zu bezahlen. Das sind insgesamt monatlich € 1.057,00. Die Basisaltersrente wurde für das Jahr 2023 auf monatlich brutto € 2.439,00 festgesetzt (14x jährlich). Nach dieser Rechnung kommen in Salzburg derzeit für die Pension einer Rechtsanwältin ungefähr zwei aktive Rechtsanwält:innen auf. Für die Zusatzpension (Teil B) wurde gemäß § 55 Satzung Teil B 2018 ein Geschäftsplan erlassen. In diesem wird unter anderem  die Berechnung der Beiträge und der Leistungen festgelegt. 

Vom Beitrag gemäß der Satzung Teil A gibt es folgende Ermäßigungen bzw Befreiungen:

  • Beitragsbefreiung wegen Mutterschaft
  • Beitragsbefreiung bei Ruhen der Rechtsanwaltschaft aufgrund Elternschaft
  • Beitragsreduzierung aufgrund Erreichens des Rentenantrittsalters nach der Satzung Teil A 2018

Für den Beitrag gemäß der Satzung Teil B gibt es unter gewissen Umständen Ermäßigungen bzw Befreiungen:

  • Beitragsermäßigung bei Ersteintragung: 

Auf Antrag können die Beiträge für das Kalenderjahr der Ersteintragung sowie das folgende Kalenderjahr ermäßigt werden. Der Antrag ist innerhalb von zwei Monaten ab dem Tag der Ersteintragung zu stellen. Für das folgende Kalenderjahr ist spätestens bis zum 31. Jänner des Folgejahrs ein Antrag zu stellen. Der ermäßigte Beitrag wird in den von den einzelnen Rechtsanwaltskammern erlassenen Umlagenordnungen festgesetzt, wobei der ermäßigte Beitrag mindestens 20 Prozent des in der Umlagenordnung festgesetzten Beitrags zu betragen hat. In Salzburg beträgt der nach § 7 der Satzung Teil B 2018 ermäßigte Beitrag jährlich € 1.648,00.

  • Einkommensbezogene Beitragsermäßigung:

Je nach Jahreseinkommen können die Beiträge bis auf € 1.648,00 jährlich reduziert werden. 

  • Zugehörigkeit zu einer verpflichtenden, gesetzlich geregelten Altersvorsorgeeinrichtung.
  • Erreichen des 65. Lebensjahrs.
  • Mutterschaft (für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz oder eines entsprechenden Zeitraums).
  • Ruhen der Rechtsanwaltschaft aufgrund Elternschaft (für die Dauer des Ruhens).

Rentenantrittsalter

Das Rentenantrittsalter liegt derzeit bei Vollendung des 70. Lebensjahres. Es besteht aber die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres.

Rechtsanwaltsanwärterinnen

Rechtsanwaltsanwärterinnen müssen nur einen monatlichen Beitrag zur Versorgungseinrichtung Teil A zu leisten. Dieser beträgt für Konzipientinnen im Jahr 2023 jährlich € 4.444,00 (§ 9 Umlagenordnung 2023). Auch bei einer Anstellung in Teilzeit ist der gesamte Beitrag zu bezahlen. Eine Optierung in eine gesetzliche Pensionskasse ist nicht möglich. Wenn im Laufe der Konzipientinnenzeit in eine andere Branche gewechselt wird, verliert man laut Auskunft des Teams von https://www.ra-vorsorge.at/ seine bereits bezahlten Beiträge, es sei denn, die Konzipientinnenzeit hat mindestens drei Jahre gedauert. Mit der Dienstgeberin sollte man im Vorhinein vereinbaren, ob der Beitrag übernommen wird oder ob der Beitrag vom Nettogehalt an die Rechtsanwaltskammer abgeführt werden muss. 

Möglichkeiten der Pensionsversicherung für Rechtsanwältinnen

Aus dem Teil B der Versorgungseinrichtung kann optiert werden, wenn eine gesetzliche Pflichtversicherung aus einer anderen Tätigkeit besteht. In Österreich gibt es laut dem Allgemeinen Pensionsgesetz (APG) grundsätzlich folgende Möglichkeiten der Pensionsversicherung nach nachstehenden Gesetzen:

  • Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) für bspw. Arbeitnehmerinnen, freie Dienstnehmerinnen, Heimarbeiterinnen etc.
  • Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz (GSVG) für Mitglieder der Wirtschaftskammer Österreich
  • Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz (FSVG) für bspw. Ärztinnen, Apothekerinnen etc.
  • Bäuerliche Sozialversicherungsgesetz (BSVG) für Landwirtinnen sowie deren Familienangehörige.

Je nachdem, in welcher Versicherung man allenfalls gesetzlich zusätzlich pflichtversichert ist, sind die Vorschriften der jeweiligen Sozialversicherungsgesetze anzuwenden.

Es besteht bei einer weiteren gesetzlichen Pflichtversicherung daher die Möglichkeit, die Pensionsversicherung bei der jeweiligen Rechtsanwaltskammer zu belassen oder sich von Teil B (Zusatzpension) befreien zu lassen. Eine Befreiung von Teil A ist nicht möglich, da diese die Pflichtmitgliedschaft nach dem GSVG ersetzt. Diese Pflichtmitgliedschaft ist für alle Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer (RA und RAA) verpflichtend.

Möchte man sich von Teil B befreien lassen aufgrund einer weiteren bestehenden GSVG-Pflichtversicherung, ist insbesondere Folgendes zu beachten:

  1. Ein Antrag auf Befreiung von Teil B ist immer nur bis 31.1. jeden Jahres bzw bis zwei Monate nach der Eintragung möglich. 
  2. Es ist notwendig, ein Gewerbe anzumelden, Einkünfte aus einer anderen selbständigen Tätigkeit zu haben oder Dienstnehmer (nicht als Rechtsanwalt!) zu sein. Es reicht nicht aus, Geschäftsführer einer Rechtsanwalts-GmbH zu sein. 

Es empfiehlt sich unbedingt vor dieser Entscheidung mit den jeweiligen Versorgungseinrichtungen zu sprechen, um die individuell passende Lösung zu finden.

Beiträge nach Geburt eines Kindes

Wenn eine Rechtsanwältin ein Kind bekommt, gibt es folgende Beitragserleichterungen:

  • Beitragsermäßigung aufgrund der Geburt eines Kindes für Rechtsanwältinnen auf die Höhe des Beitrags für Rechtsanwaltsanwärterinnen. Der Nachteil ist, dass die ermäßigten Monate bei der Rentenberechnung nur aliquot berücksichtigt werden.
  • Beitragsbefreiung während des Mutterschutzes (Teil A: volle Anrechnung der Beitragsmonate).
  • Ruhen der Ausübung der Rechtsanwaltschaft aufgrund Elternschaft.

Als Rechtsanwaltsanwärterin unterliegt man hinsichtlich der Pensionsversicherung verpflichtend der Versorgungseinrichtung Teil A der jeweiligen Rechtsanwaltskammer, nicht jedoch der Versorgungseinrichtung Teil B. Bei der Geburt eines Kindes ist im Teil A eine Beitragsbefreiung für den Zeitraum des Bezugs von Wochengeld möglich. Die Zeiten der Beitragsbefreiung werden bei der Berechnung von Leistungen nach der Satzung Teil A 2018 als Beitragsmonate voll angerechnet (§ 21 Satzung Teil A 2018).

Selbständige Rechtsanwältinnen können sich gem § 13 Verordnung der Plenarversammlung der Salzburger Rechtsanwaltskammer über die Höhe der Beiträge zu den Versorgungseinrichtungen (Umlagenordnung 2023) von der Beitragsleistung zur Versorgungseinrichtung Teil A für die Dauer eines Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG befreien lassen. Die Zeiten werden als Beitragsmonate voll angerechnet. In der Versorgungseinrichtung Teil A kann innerhalb eines Jahres ab Geburt des Kindes einen Antrag auf Beitragsermäßigung (höchstens 12 Monate) gestellt werden. Diese Zeiten werden allerdings nur aliquot als Beitragsmonate angerechnet. Weiters kann die Rechtsanwaltschaft aufgrund Elternschaft ruhen. Für diesen Fall ist man von der Leistung des Beitrags zur Versorgungseinrichtung Teil A befreit, erlangt allerdings keine Versicherungszeiten. 

Versicherungsmonate aus nicht rechtsanwaltlichen Tätigkeit

Wenn vor oder neben der rechtsanwaltlichen Tätigkeit bereits Versicherungsmonate erworben wurden, können diese verloren gehen, da diese Versicherungszeiten verfallen, wenn nicht die gesetzlichen Mindestzeiten erreicht werden. Auf www.meinesv.at kann man seinen bisher erworbenen Pensionsanspruch und die Versicherungsmonate einsehen. Versicherungszeiten können auch nachgekauft werden, sodass neben der Pension der Rechtsanwaltskammer auch eine Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung ausgezahlt wird. Überdies besteht die Möglichkeit, in einer ehemaligen Pensionskasse, in die man bereits aus anderen Tätigkeiten einbezahlt hat, weiterhin freiwillige Beiträge zu zahlen, um zusätzlich eine weitere Pension aus einer gesetzlichen Pensionskasse zu erhalten. 

Fazit

Es ist jedenfalls sinnvoll, sich mit den Pensionsbeiträgen für Rechtsanwältinnen vor der Eintragung in die Liste der Rechtsanwältinnen auseinanderzusetzen, insbesondere wenn man plant, aus dem Teil B der Versorgungseinrichtung auszusteigen oder in Zukunft eine Familie zu gründen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Beitragsbefreiung und spezielle Regelungen für Rechtsanwältinnen im Falle einer Schwangerschaft. Eine umfassende Kenntnis der rechtlichen Grundlagen und Vorschriften zur Pensionsversicherung ist daher unerlässlich, um die beste Entscheidung für die eigene finanzielle Zukunft zu treffen.

Exkurs: Krankenversicherung und Unfallversicherung

Da Rechtsanwältinnen auch keiner gesetzlichen Kranken- oder Unfallversicherung unterliegen, müssen Sie sich für eine der nachstehenden Optionen entscheiden. Es macht hierbei einen Unterschied, ob man selbständig oder angestellt tätig ist:

Krankenversicherung:

Selbständige Rechtsanwältinnen:

Es gibt nach der Eintragung als Rechtsanwältinnen drei Wahlmöglichkeiten, wobei man sich für eine davon verpflichtend entscheiden muss. 

  1. Gruppenkrankenversicherungsvertrag (GKVV),
  2. Selbstversicherung nach § 14a Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG),
  3. Selbstversicherung nach § 16 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG). 

Angestellte Rechtsanwälte unterliegen verpflichtend der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 7 Z 1 lit e ASVG. 

Unfallversicherung:

Hier gibt es Unterschiede zwischen angestellten Rechtsanwältinnen und selbständig tätigen Rechtsanwältinnen. Für angestellte Rechtsanwältinnen besteht eine Teilversicherung im Bereich der Unfallversicherung nach § 7 Z 1 lit e ASVG. Selbständig tätige Rechtsanwältinnen haben die Möglichkeit, sich freiwillig zu versichern. In einzelnen Rechtsanwaltskammern gibt es auch Kollektivunfallversicherungsverträge, denen beigetreten werden kann.

Dieser Beitrag wurde ausführlich in den unten stehenden Quellen recherchiert. Es besteht jedoch keine Gewähr auf Vollständigkeit bzw. Richtigkeit. 

Quellen

Links:

Satzung Teil A 2018: https://www.rechtsanwaelte.at/fileadmin/user_upload/Kundmachungen/OERAK/Versorgungseinrichtungen/Satzung_Teil_A_2018_17112017_2.pdf 

Satzung Teil B 2018: https://www.rechtsanwaelte.at/fileadmin/user_upload/Kundmachungen/OERAK/Versorgungseinrichtungen/Satzung_Teil_B_2018_17112017_2.pdf

Satzung Teil C 2018:

https://www.rechtsanwaelte.at/index.php?eID=tx_securedownloads&u=0&g=0&t=1687763750&hash=ac2587fcb36633091aee7ac3d8d0fbe6084b2398&file=/fileadmin/user_upload/OERAK/Mitglieder/Services/D_Versorgungseinrichtungen/Mustersatzungen_A_B_C/Satzung_Teil_C_2018_17112017.pdf

Beitragsordnung 2023: https://www.rechtsanwaelte.at/fileadmin/user_upload/Kundmachungen/Kundmachungen_Satzung_GEO_/Salzburg/bo_sbg_2023.pdf

Umlagenordnung 2023:

https://www.rechtsanwaelte.at/fileadmin/user_upload/Kundmachungen/Kundmachungen_Satzung_GEO_/Salzburg/uo_sbg_2023.pdf

Leistungsordnung 2023:

https://www.rechtsanwaelte.at/fileadmin/user_upload/Kundmachungen/Kundmachungen_Satzung_GEO_/Salzburg/lo_sbg_2023.pdf

Broschüre zur Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung der Rechtsanwälte:

https://service.ra-vorsorge.at/documents/ra-vorsorge_broschuere_versicherungsinfo.pdf

Geschäftsplan

https://www.rechtsanwaelte.at/fileadmin/user_upload/Kundmachungen/OERAK/Versorgungseinrichtungen/Geschaeftsplan_Versorgungseinrichtung_Teil_B_24052019.pdf

Literatur:

Werner Sedlacek, Das Krankenversicherungsverhältnis der Mitglieder der Kammern der Freien Berufe im Ruhestand, Jahrbuch Sozialversicherungsrecht 2020, 225 (244)

Ursula Koch, Rechtsanwaltschaft und Notariat – Besonderheiten der sozialen Absicherung, ZAS 2018/49 (278)