Vorbilder-Reihe Paragraphinnen & ÖRAK: MMag. Dr. Elisa Florina Ozegovic LL.M.
Die Vorbilder-Reihe für die moderne Anwältin: Im Gespräch mit MMag. Dr. Elisa Florina Ozegovic LL.M.
Sie arbeiten in einer Kleinkanzlei, bestehend aus zwei RechtsanwältInnen. War die Großkanzlei jemals eine Option für Sie?
Ich habe im Jahr 2012 als Konzipientin bei RA Dr. Ernst Maiditsch in Klagenfurt zu arbeiten begonnen. Um ehrlich zu sein, war die Anwaltei der einzige juristische Beruf, den ich für mich jemals ausgeschlossen habe, da der Beruf des Rechtsanwaltes – absichtlich männlich formuliert – für mich mit einem weißen Mann um die 50 Jahre verbunden war. Klischeehaft sah ich den Beruf als „Haifischbecken“, in dem man sich laufend behaupten muss, keine Freunde, sondern nur Gegner hat und als junge Frau sowieso untergeht. Nachdem ich mich über Empfehlung meines letzten Ausbildungsrichters im Gerichtsjahr am Landesgericht Klagenfurt bei Dr. Maiditsch vorgestellt hatte, habe ich allerdings schon nach sehr kurzer Zeit festgestellt, dass das genau der Beruf ist, den ich ausüben möchte, also bin ich geblieben. Mein Ausbildungsanwalt war ein Einzelkämpfer in Klagenfurt und auf Medizinrecht spezialisiert. Das war genau die Sparte, in die ich immer wollte, wenn auch ursprünglich nicht in der Anwaltei. Eine Großkanzlei wäre für mich nie in Frage gekommen, vielleicht auch, weil es in Kärnten keine Großkanzleien nach Wiener Vorbild gibt. Mittlerweile habe ich die Kanzlei von Kollegen Dr. Maiditsch übernommen und stehe bis zu seinem wohlverdienten Ruhestand voraussichtlich 2025 noch in Kooperation mit ihm.
Auf welche Eigenschaften legen Mandanten bei ihren RechtsanwältInnen Ihrer Meinung nach besonders Wert?
Unsere MandantInnen schätzen das besondere Vertrauensverhältnis und unseren persönlichen Einsatz. Da die einzelnen Angelegenheiten immer von derselben Rechtsanwältin bzw. vom selben Rechtsanwalt bearbeitet werden und nicht ohne Vorwarnung unbekannte PartnerInnen oder KonzipientInnen gegenüber dem Mandanten auftreten, fühlen sich unsere MandantInnen in unserer Kanzlei besonders gut aufgehoben. Die persönlichen Termine mit unseren MandantInnen liegen mir besonders am Herzen, völlig unabhängig vom Streitwert. Wenn Rechtssuchende sich an mich wenden, bemühe ich mich vor allem darum, eine persönliche Verbindung aufzubauen und den MandantInnen Sicherheit zu geben. Vor allem Gerichtsverfahren sind für die Rechtssuchenden in der Regel mit einer hohen emotionalen Belastung verbunden, was man berücksichtigen sollte.
Würden Sie Ihren Arbeitsalltag als abwelchslungsreich beschreiben?
Da ich eine Kanzlei in Klagenfurt und einen zweiten Kanzleisitz in Feldkirchen, also in der Peripherie habe, ist mein Alltag sehr abwechslungsreich. In Klagenfurt bearbeiten wir hauptsächlich medizinrechtliche Akten und vertreten die Interessen von Krankenanstaltenträgern und ÄrztInnen. In Feldkirchen sind die Mandate sehr unterschiedlich, vom Verkehrsunfall, über allgemeine schadenersatzrechtliche Fragen bis hin zum Strafverfahren. Diese Vielfalt und Abwechslung schätze ich persönlich sehr, da man damit nicht in eine fachliche „Schublade“ gesteckt wird.
Welche Mandate sind für Sie besonders spannend?
Persönlich liegt meine Leidenschaft in Arzthaftungsprozessen, ich vertrete wie bereits ausgeführt vorwiegend Krankenanstaltenträger und ÄrztInnen. Spannend finde ich aber auch andere Rechtsgebiete, wie etwa Strafrecht oder Familienrecht.
Kommen Sie bei der Rechtsberatung manchmal an Ihre Grenzen? Wie gehen Sie mit persönlich „schwierigen“ Mandaten um?
Natürlich kommt man hin und wieder persönlich an seine Grenzen, diese gilt es aber zumindest fachlich zu überwinden. Wenn MandantInnen sich mit Fragen aus Fachgebieten an mich wenden, die nicht in meine Spezialisierung fallen, scheue ich nicht davor zurück, Kontakt mit KollegInnen aufzunehmen und unter Umständen sogar das Mandat abzutreten. Mir ist es besonders wichtig, dass unsere MandantInnen im jeweils benötigten Fachgebiet optimal beraten werden. Zwischenmenschliche Hürden überwindet man am besten, indem man stets freundlich und kompetent auftritt, auch wenn das Gegenüber „schwierig“ ist.
Muss man Ihrer Meinung nach besonders schlagfertig und selbstbewusst sein, um als Anwältin erfolgreich zu sein?
Selbstbewusstsein und Schlagfertigkeit sind meiner Meinung nach die Voraussetzung für die Vertretung der Interessen eines anderen. Dabei sollte man allerdings beachten, nicht arrogant oder „bissig“ zu wirken, was vom Gegenüber gerne so aufgefasst wird, gerade wenn eine Rechtsanwältin besonders selbstbewusst auftritt. Der Schlüssel zum Erfolg vor Gericht ist aber auch die genaue Kenntnis des Sachverhaltes, der dem Verfahren zugrunde liegt. Dass die fachlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen, setze ich natürlich voraus. Als ich als Konzipientin begonnen habe, ist es nicht selten vorgekommen, dass MandantInnen gefragt haben, wann denn jetzt der „Herr Doktor“ kommt. Auch diese zwischenmenschliche Thematik lässt sich in der Regel durch fundierte fachliche Kompetenz und Kenntnis des Sachverhaltes lösen. Oft wollten MandantInnen danach gar nicht mehr den „Herrn Doktor“ sprechen, sondern haben ausdrücklich nach mir als Konzipientin verlangt.
Wenn Sie jemand nach einem Tipp fragen würde, auf welches Rechtsgebiet man sich spezialisieren sollte, welches wäre das?
In Großstädten ist es als EinzelkämpferIn ratsam, sich ein rechtliches „Nischengebiet“ zu suchen, am Land ist das undenkbar. In der Peripherie kommen MandantInnen mit unterschiedlichsten Anliegen, vom Verkehrsunfall, über die Verwaltungsstrafe, gewährleistungsrechtliche Themen, den Kauf- oder Mietvertrag bis hin zur Scheidung. Oft begleitet man MandantInnen juristisch gesehen ihr ganzes Leben lang. Als Kanzlei in der Peripherie muss man daher für alle Situationen gewappnet und in allen Rechtsgebieten gerüstet sein. Sollte sich eine Spezialproblematik ergeben, muss man auch den Mut haben, eine/n KollegIn zu konsultieren. Welches Rechtsgebiet man für sich entdeckt ist meines Erachtens nach Geschmackssache. Manche bevorzugen Wirtschaftsrecht, andere Familienrecht, wieder andere Strafrecht. In diesem Bezug gibt es also kein Rezept, wonach man „sein“ Fachgebiet auswählt.
Haben Sie manchmal das Gefühl, sich als – im Vergleich der Branche – junge Rechtsanwältin „extra beweisen“ zu müssen?
Da ich auf Medizinrecht, insbesondere Arzthaftung, spezialisiert bin, mich in diesem Gebiet laufend weiterbilde, publiziere und regelmäßig vortrage, hatte ich bislang noch nicht das Gefühl, mich beweisen zu müssen. Natürlich muss man als Junganwältin immer „am Ball bleiben“ und darf nie nachlassen. Sofern die Expertise aber vorhanden ist, vertrauen die MandantInnen auf die Fähigkeiten, sodass man sich zumindest fachlich nicht mehr beweisen muss.
Welches Networking-Event sollte man Ihrer Meinung nach auf keinen Fall verpassen?
Ich persönlich schätze abgesehen von Veranstaltungen in den Fachbereichen, die mich besonders
interessieren (zB. Medizinrechtstage Gmunden), die Anwaltstage sehr. Dort werden unterschiedliche Themen behandelt und man hat die Gelegenheit, KollegInnen aus ganz Österreich kennenzulernen und sich auszutauschen.
Was sind Ihre Tipps für eine gute Work-Life-Balance?
Work-Life-Balance ist mir sehr wichtig, das alles steht und fällt mit einer guten Zeiteinteilung. Man sollte sich, auch in Zeiten, in denen es beruflich besonders stressig ist, zumindest einzelne Abende einplanen, die man mit dem Partner, der Familie oder mit Freunden verbringt.
MMag. Dr. Elisa Florina Ozegovic LL.M.
Elisa Florina Ozegovic studierte Rechtswissenschaften und Slawistik an der Karl-Franzens-Universität Graz. Zusätzlich absolvierte sie den Lehrgang Medizinrecht an der Johannes-Kepler-Universität Linz. Im Anschluss promovierte sie an der Karl-Franzens-Universität Graz. Nach ihrer Zeit als Rechtsanwaltsanwärterin bei Dr. Ernst Maiditsch ist sie seit 2018 selbstständige Rechtsanwältin in Feldkirchen und Klagenfurt. 2020 gründete sie mit Dr. Maiditsch die OM Dr. Ozegovic & Dr. Maiditsch Rechtsanwälte GesBR.