Dr. Birgit Leb, MBA gibt in ihrem Blogbeitrag einen spannenden Einblick in ihren Arbeitsalltag als Rechtsanwältin/Partnerin in einer internationalen Wirtschaftskanzlei. Birgit Leb ist seit 2006 für SCWP Schindhelm tätig, seit 2010 geschäftsführende Gesellschafterin. Sie ist Familienrechtsexpertin, beschäftigt sich vorwiegend mit der Schnittstelle „Ehe und Unternehmen“ und berät UnternehmerInnen insbesondere bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, eherechtlichen Vorwegvereinbarungen, Eheverträgen und sonstigen Verträgen zwischen Ehegatten sowie in erbrechtlichen Angelegenheiten.
Neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit ist Birgit Leb Referentin bei der Anwaltsakademie, Universitätslektorin und Autorin zahlreicher Artikel in einschlägigen Fachzeitschriften. Im Jahr 2012 wurde von Birgit Leb das Buch „Unternehmen und Ehe“ veröffentlicht, welches mittlerweile bereits in der zweiten Auflage erschienen ist. Weiters ist Birgit Leb Anwaltsrichterin beim OGH.
Fragen an Frau Dr. Leb:
Wie startet Ihr Tag vor einer Verhandlung? Haben Sie Rituale?
Ich bereite immer schon am Tag vorher den Akt und meine Arbeitsunterlagen (Verhandlungsnotizen, Fragenliste usw.) vor, weil man nie weiß, was der nächste Tag so bringt. Es soll keine Hektik oder Unruhe eintreten. Ein besonderes Ritual habe ich nicht; ich fühle mich aber besonders fit und ausdauernd, wenn ich meinen Morgenlauf absolviert habe.
Wie würden Sie einen erfolgreichen Arbeitstag beschreiben?
Natürlich mit einem gewonnenen Gerichtsverfahren oder einem außergerichtlichen Verhandlungserfolg 😉 Ein neues Mandat macht auch immer Freude. Abgesehen davon freue ich mich über Austausch mit KollegInnen, Freunden – auch im Rahmen unseres monatlichen „Sundowners“ an einem Donnerstagabend in der Kanzlei – und über ein nettes Mittag- oder Abendessen. Besonders erfreulich ist es auch, wenn man jemanden von einer Sache überzeugen kann.
Gibt es ein Verfahren, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist? Wenn ja, warum?
Da gibt es einige Verfahren oder Causen, die ich sicher nie vergessen werde 😉 Einige Verfahren dauern auch noch an. Meistens bleiben die Fälle dann in Erinnerung, wenn man gemeinsam erfolgreich war, weil man gut zusammengearbeitet hat und dann sein „Ziel“ erreicht. Darüber hinaus gibt es auch besondere Sachverhaltskonstellationen – nämlich „die Geschichte, die das Leben schreibt“ –, die in keinem Lehrbuch nachzulesen sind.
Beispielsweise, wenn sich zwei 75-Jährige nach 50-jähriger Ehe scheiden lassen wollen und einen verbitterten Vernichtungsfeldzug führen oder ein Ehegatte schon in den Flitterwochen bekannt gibt, dass er die Ehescheidung will. Andererseits gab es auch einmal die Situation, dass sich die streitenden Ehegatten während des Verhandlungstermins im Zuge der Vergleichsgespräche wieder versöhnt haben, die Anwälte im Verhandlungssaal zurückgelassen haben und die Scheidungsklage dann zurückgezogen wurde. Das Ausmaß des „Krieges“ hängt meistens von der Kränkung eines Ehegatten ab.
Ihr/e MandantIn befürchtet, vom Ehegatten/von der Ehegattin betrogen zu werden, und möchte sich deshalb scheiden lassen. Inwiefern sind Sie in die Ermittlungen eines Detektivs involviert?
Ich verweise auf die Möglichkeit der Beauftragung eines Detektivs und mache darauf aufmerksam, dass der Vertrag direkt mit dem Detektivbüro abzuschließen ist, und natürlich das Honorar direkt zu vereinbaren ist. Die MandantInnen sollten auch darüber informiert werden, was im besten Fall bei der Observation herauskommen soll, damit es in einem Prozess verwertbar ist. Ich erfahre dann von den Ergebnissen der Überwachung, was immer spannend ist; direkt involviert bin ich allerdings nicht.
Kommt es oft vor, dass sich MandantInnen aus Affekthandlungen an Sie wenden, um sich später wieder von einem gerichtlichen Verfahren zu distanzieren?
Ich habe oft erste Beratungsgespräche, die nicht unbedingt gleich in eine Ehescheidung oder zu einem Prozess führen. Häufig werden auch Eheverträge gemacht oder „die Sache“ renkt sich wieder ein. Manchmal geht es auch darum, einen Rechtsstreit zu vermeiden.
Nehmen Sie als Rechtsanwältin aufgrund der im Familienrecht häufig zwischen den Parteien gegebenen emotionalen Spannungen auch die Rolle einer Mediatorin ein?
Nachdem die Vertretung beider Parteien in Scheidungsverfahren nicht zulässig ist, ergibt sich diese Rolle selten. Ich habe auch keine Mediationsausbildung und bin daher in dieser Rolle nicht tätig. Manchmal ist eine Partei aber unvertreten und dann muss der Anwalt/die Anwältin auch die Interessen der unvertretenen Partei vor Augen haben und darf diese nicht ins offene Messer laufen lassen. Vermittelnd bin ich darüber hinaus auch hin und wieder tätig, wenn ich merke, dass die Extrempositionen beider nicht durchsetzbar sind oder Lösungen unwirtschaftlich sind. Ich denke, das macht auch eine gute Anwältin aus.
Warum haben Sie sich für den Schwerpunkt Ehe- und Familienrecht entschieden?
Das war eher ein Zufall und keine bewusste Entscheidung. Entstanden ist dies aufgrund einer Unternehmer-Ehescheidung in unserer Kanzlei. Es war dann klar, dass das Know-how im Gesellschafts- und Eherecht sehr gefragt ist und viele andere KollegInnen nur über Wissen im klassischen Ehe- bzw. Familienrecht verfügen. Ich konnte mich bei diesem Fall gut hervorheben, was sehr vorteilhaft für meine Mandantin war. Beispielsweise habe ich damals eine Generalversammlung im Unternehmen einberufen und die Ausschüttung des gesamten Bilanzgewinnes verlangt. Der gegnerische Anwalt hat zwar für seinen Mandanten dagegen gestimmt; ihm war aber nicht klar, dass es aufgrund der Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag zwingend zur Vollausschüttung kommt und sofort Körperschaftsteuer anfällt. Wir konnten in weiterer Folge dann unsere Wunschlösung durchsetzen.
Wie kommt es dazu, dass Sie das Ehe- und Familienrecht in einer Wirtschaftskanzlei praktizieren?
Ich mache auch viel Erbrecht, was thematisch gut dazu passt. Fast alle Menschen machen im Zuge einer Trennung oder Scheidung ein neues Testament. Anlass für die Spezialisierung auf derartige Causen war der oben genannte Konnex aus Gesellschafts- und Familienrecht, der am Anwaltsmarkt selten existiert. Wir können jetzt auch unsere unternehmerisch tätigen Ehegatten in diesen Rechtsbereichen gut beraten. Um das Thema zu besetzen, habe ich dann auch das Buch mit dem Titel „Unternehmen und Ehe“ verfasst. Die Idee dazu hatte der LexisNexis-Verlag, der mich sehr unterstützt hat.
Sie arbeiten seit über 15 Jahren bei SCWP Schindhelm. Was wissen Sie an der Kanzlei am meisten zu schätzen?
Ich hatte von Anfang an den Eindruck, dass großes Vertrauen in mich gesetzt wird und mir verantwortungsvolle Aufgaben/Fälle zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen wurden. Das hat mich persönlich extrem motiviert und ich kann behaupten, dass mir bis dato noch keinen Tag langweilig war. Ich war auch immer beeindruckt von den tollen Causen in der Kanzlei und den Leistungen meiner KollegInnen. Abgesehen davon wurden auch Ausbildungen finanziert und viele Möglichkeiten zum Publizieren angeboten. Neben der fachlichen Arbeit in der Kanzlei profitiere ich auch vom Netzwerk und dem Kontakt mit tollen Persönlichkeiten (MandantInnen, KollegInnen usw.) aus welchem sich auch immer wieder Freundschaften entwickeln.
Schließlich ist unsere Kanzlei auch für die besonders netten Sommer- und Weihnachtsfeiern, Ski- und Rodeltage, alljährlichen Partnermeetings in verschiedensten europäischen Städten und sonstige Teambuilding-Aktivitäten, wie insbesondere den abendlichen Sundowner zum Ausklang eines anstrengenden Tages, bekannt.