In ihrem aktuellen Blogbeitrag steht SCWP Schindhelm Partnerin Mag. Michaela Nill Rede und Antwort zu den Herausforderungen als Rechtsanwältin und Mutter und gibt persönliche Einblicke, wie sie ihren Alltag im Spagat zwischen Kindern und Karriere meistert.
Michaela Nill ist seit 2009 für SCWP Schindhelm in Linz tätig – seit 2013 als Rechtsanwältin – und wurde 2021 zur Partnerin ernannt. Michaela Nill ist vorwiegend im Gesellschaftsrecht tätig, wobei sie sich auf die gesellschafts- und umgründungssteuerrechtliche Beratung von Ärzten und auf Umgründungen sowohl im niedergelassenen als auch im Krankenanstaltenbereich spezialisiert hat. Einen weiteren Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bildet das Arzthaftungsrecht.
Schließen sich eine juristische Karriere und ein Kind/Kinder wirklich aus?
Nein, denn ich behaupte, dass beides geht, wenn man es will und sich darauf einlässt!
Die Frage ist, was man persönlich unter juristischer Karriere versteht. Denn was ein „erfülltes Familienleben“ und was „Karriere“ ist, kann nur jeder für sich selbst entscheiden. So wurde ich zB ein Jahr nach meiner zweiten Karenz – trotz Teilzeit – zur Partnerin ernannt.
Leider wird der Rechtsanwaltsberuf von der Gesellschaft nach wie vor als „familienfeindlicher“ Beruf wahrgenommen. Die vorherrschenden Klischees sind, dass erfolgreiche AnwältInnen von früh am Morgen bis spät in die Nacht hinein im Büro sitzen und für MandantInnen sowieso rund um die Uhr erreichbar sein müssen. Wie sollte sich das mit einer Familie vereinbaren lassen? In letzter Zeit bemerkt man jedoch, dass ein Umdenken in den Unternehmen stattfindet und viele Kanzleien und auch die Standesvertretungen auf dem Weg sind, entsprechende Rahmenbedingungen für die Mütter- und Väterkarenz und den Wiedereinstieg in die Kanzlei zu schaffen. Die Klischees sind meines Erachtens antiquiert und nicht mehr zeitgemäß. Korrekt ist, dass man in dringenden Fällen zwar versucht, für die MandantInnen grundsätzlich immer erreichbar zu sein; dafür muss man aber nicht von früh bis spät in der Kanzlei sitzen. Der Vorteil an meinem Job ist, dass man sich die Arbeitszeit grundsätzlich selbst einteilen kann und dadurch eine gewisse Flexibilität hat.
Unsere Kanzlei legt auch großen Wert auf Gleichstellung und Chancengleichheit auf allen Karriereebenen, was heutzutage selbstverständlich sein sollte, aber bekanntlich noch nicht überall der Fall ist. Bei uns gibt es neben 100% Equal Payment vielfältige individuelle Lösungen für den Wiedereinstieg und Teilzeitmodelle für PartnerInnen und AnwältInnen. Ich selbst engagiere mich in der Kanzlei sehr für diese Themen, insbesondere auch um jüngeren KollegInnen eine Mentorin zu sein.
Solange die Arbeit Spaß macht, sollte und muss man trotz Kindern nicht auf eine juristische Karriere verzichten. Wichtig ist meines Erachtens nicht die Quantität der Zeit, die man mit seinen Kindern verbringt, sondern die Qualität dieser Zeit.
Gibt es einen perfekten Zeitpunkt für die Familienplanung als Juristin?
Den perfekten Zeitpunkt für die Familienplanung gibt es meines Erachtens generell nicht – unabhängig vom Beruf, den man ausübt.
Für mich persönlich war es sicherlich angenehmer und einfacher, erst nach der Eintragung als Rechtsanwältin Kinder zu bekommen. Ich konnte und kann mir nicht vorstellen, zwischen Autos, Drachen und Einhörnern für die Rechtsanwaltsprüfung zu lernen.
Wie haben sich Ihre Arbeitszeiten geändert?
Seit ich Kinder habe, arbeite ich nicht mehr Vollzeit, sondern 30 Stunden. Naturgemäß bleibt es in meinem Beruf und in meiner Position nicht immer in diesem zeitlichen Rahmen, da gewisse Mandate – zB im M&A-Bereich – zeitintensiver und auch nächtliche Vertragsausgestaltungen bei großen Projekten keine Ausnahme sind. Ich habe mich aber bewusst dafür entschieden, dass ich auch in diesen Bereichen weiterhin tätig sein möchte. Letztlich ist alles eine Frage der Organisation. Generell hat sich mein Arbeitsalltag so geändert, dass ich den Großteil der Aufgaben in den regulären Arbeitszeiten erledige und am Abend, wenn die Kinder schlafen, noch wichtige unaufschiebbare Arbeiten erledige, die wegen des Nachmittagsprogramms mit den Kindern noch abzuarbeiten sind. Wenn ich am Wochenende arbeite, dann achte ich darauf, dass es in der Früh oder am Abend ist, damit der Rest des Tages der Familie gehören kann.
Hat man als Rechtsanwältin, Partnerin und Mama überhaupt noch Zeit für sich selbst bzw seinen Interessen abseits der Juristerei nachzugehen?
Ja, die hat man und man muss sich diese Zeit auch bewusst nehmen. Ich reise gerne und wir sind als Familie sehr viel unterwegs. Das war schon vor den Kindern so. In meiner Freizeit bin ich immer dabei, den nächsten Urlaub für die Familie zu planen. So haben wir zB auch die letzten 6 Wochen meiner zweiten Karenz für eine Neuseelandreise zu viert genutzt – eine wirklich unvergessliche Familienzeit.
Generell konzentrieren wir uns im Urlaub ganz auf die gemeinsame Zeit als Familie und reduzieren die Arbeit auf ein Minimum, um vom Arbeitsalltag abschalten zu können. Kleinere Auszeiten nur für mich nutze ich meistens mit Freundinnen oder für mein Hobby, das Fotografieren. Damit habe ich beim Reisen angefangen. Ja, auch PartnerInnen einer der führenden Anwaltskanzleien Österreichs haben Zeit für Hobbies und Freizeit.
Hatten Sie Respekt bzw Bedenken, den Verpflichtungen einer Rechtsanwältin und Mama gerecht werden zu können und wenn ja, wie meistern Sie die damit einhergehenden Herausforderungen?
Mir war von Anfang an klar, dass ich in meinem Beruf als Rechtsanwältin auch mit Kindern weiterarbeiten will. Mein Mann wollte das auch und hat das immer unterstützt. Ich habe auch gegenüber meinen MandantInnen immer offen kommuniziert, dass ich in Karenz gehe. Während beider Karenzen hatte ich einen super Rückhalt von meinem Team und meinen KollegInnen, die meine Mandate weiter betreut haben. Während der ersten Karenz hatte ich aber durchaus Bedenken, Mandate zu verlieren bzw wusste ich nicht, wie es sein wird, nach der Karenz wieder in den Büroalltag zurückzukehren. Für mich war auch nicht klar, ob ich mich überhaupt wieder einfinden kann. Meine Sorgen waren letztlich unbegründet. Beim Wiedereinstieg nach der ersten Karenz halfen mir vor allem die KollegInnen und mein direkter Vorgesetzter, viel eigenes Engagement, eine Portion Mut sowie Selbstvertrauen. Auch der Wiedereinstieg nach der zweiten Karenz verlief problemlos.
Wie sieht der typische Alltag bei Ihnen aus?
Sehr chaotisch :-). Kurz vor 7:00 Uhr gibt es Frühstück, dann machen wir die Kinder und die Jausenboxen fertig, gehen gemeinsam den Tagesablauf nochmals durch. Ab 7:30 Uhr bringen mein Mann oder ich die Kinder in den Kindergarten bzw in die Schule. Ich selbst starte um 8:00 Uhr mit meiner Arbeit in der Kanzlei. Die Großeltern holen die Kinder am frühen Nachmittag vom Kindergarten und vom Hort ab. Ich komme meist am späteren Nachmittag nach Hause. Dann wird gekocht, die Hausaufgabenkontrolle gemacht, gelesen, gespielt. Je nach Tagesprogramm bringen wir – dh mein Mann, die Großeltern oder ich die Kinder auch zu ihren Sportaktivitäten (Fußball, Tennis) oder zu Freunden zum Spielen. Wie bereits gesagt, erledige ich unaufschiebbare Kanzleiarbeit, die ich wegen des Nachmittagsprogramms mit den Kindern tagsüber noch nicht erledigen konnte, in den Abendstunden. Wochenenden mit meiner Familie sind mir sehr wichtig. Auch wenn es sich in meinem Beruf nicht immer vermeiden lässt, auch mal am Wochenende zu arbeiten, so versuchen mein Mann und ich, die Wochenendarbeit auf ein Minimum zu reduzieren, etwas Besonderes mit den Kindern zu unternehmen und die Zeit mit ihnen zu genießen. Hin und wieder habe ich berufliche Abendtermine oder Dienstreisen. Dies ist ohne Probleme möglich, da mein Mann mich in allem, was ich tue, unterstützt.
Wie sieht es bei Ihnen mit der Kinderbetreuung aus, ist es ohne umfangreiche Unterstützung möglich?
Mein Mann ist eine große Stütze und wir teilen uns die Arbeiten im Haushalt, Arzttermine der Kinder, die Organisation von Kindergeburtstagen usw. partnerschaftlich und fair auf. Einen Großteil der alltäglichen Kinderbetreuung übernehmen meine Eltern und Schwiegereltern. Ich finde aber auch, dass das für beide Seiten eine sehr wertvolle Zeit miteinander ist. Die Großeltern machen auch oft Ausflüge mit den Kindern, zB in den Zoo oder auf den Spielplatz, basteln mit ihnen. Die Kinder helfen den Großeltern gerne bei der Gartenarbeit. In der Weihnachtszeit werden gemeinsam mit Oma Kekse gebacken. Ich könnte mir persönlich unser Familienleben ohne die Unterstützung unserer Familien nicht vorstellen, da ich nicht wollen würde, dass meine Kinder nur „fremdbetreut“ sind. Das ist aber eine Einstellungssache und wir haben natürlich das Glück, dass uns die Großeltern unterstützen. Als berufstätige Mutter ist das Leben gefühlt generell immer ein gewisser Spagat zwischen „Familie“ und „Beruf“.
Haben Sie einen Rat für jüngere KollegInnen?
Nicht zu viele Gedanken machen und vor allem dem eigenen Instinkt folgen!
Und sich vom Gedanken verabschieden, dass man alles selbst machen muss – sei es beruflich in der Kanzlei oder privat bei der Hausarbeit und Kinderbetreuung. Es geht dabei um den Lerneffekt, Arbeit auch abzugeben und zu delegieren. Das lässt sich zwangsläufig nicht vermeiden und man macht sich ansonsten nur das Leben schwer.
Rechtsanwältin ist mein Traumberuf und ich könnte mir persönlich keinen anderen Job vorstellen. Es wäre gelogen zu sagen, dass sich mit einem Kind nichts verändert. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass es wichtig ist, die eigene Karriere nicht hintanzustellen oder gar aufzugeben, sondern weiterzuverfolgen. Ein gewisser Einsatz und Belastbarkeit gehören immer dazu, das kann man nicht schönreden.