Eine Anleitung von Rechtsanwaltsanwärterinnen Stefanie Vonbank, BSc., LL.M. und Mag. Julia Otto (beide E+H) für Studentinnen, die ihre ersten Schritte in der Welt der Datenbanken wagen.
Datenbanken, Gerichtsentscheidungen, Fachzeitschriften und andere Literatur – der Dschungel an Informationsquellen für eine Recherche scheint für jede von uns zu Beginn zunächst kaum zu bewältigen. Trotz des Bestrebens der Universitäten, Studentinnen im digitalen Recherchieren auszubilden, sind viele Tipps und Tricks bei der ersten praktischen Anwendung in Form der Bachelorarbeit oder einer Seminararbeit wieder in Vergessenheit geraten. In diesem Beitrag möchten wir die aus unserer Praxis wichtigsten Schritte für eine erfolgreiche und umfassende Recherche zusammenfassen.
Als erstes ist es wichtig, den Sachverhalt bzw. die Rechtsfrage zu verstehen. An dieser Stelle bloß keine falsche Scheu: Jede Deiner Fragen wird Dir die Recherche erleichtern und Dich schneller zu einem Ergebnis führen. Das ist auch im Interesse Deiner Chefin oder der Betreuerin Deiner wissenschaftlichen Arbeit.
Darüber hinaus sollte Dir immer schon von Anfang an klar sein, wohin die Reise geht. Je nachdem, was gefragt ist, wirst Du Deine Recherche und Deine Notizen anders aufbauen. Auch hier gilt die Devise, lieber einmal mehr als zu wenig nachzufragen, wie das gewünschte Produkt konkret aussehen soll.
Erst nachdem Du diese Eckdaten abgeklärt hast, kannst du in medias res tauchen und Dich in die Recherche stürzen.
Oft handelt eine juristische Recherche von der Auslegung eines Gesetzes und ob der vorliegende Fall unter dieses (oder ein anderes) Gesetz zu subsumieren ist. Dafür solltest Du zunächst identifizieren, in welchem Rechtsgebiet Du Dich gerade befindest.
Dabei können Dir als erste Orientierung in analoger Form Lehrbücher dienen (Stichwortverzeichnis!), aber auch LexisBriefings oder RDB-Keywords, die eine kurze Zusammenfassung von rechtlichen Begriffen beinhalten.
Sollte Dir das anwendbare Gesetz bereits bekannt sein und ein Kodex für Dich nur ein Relikt der analogen Vergangenheit darstellen, ist das RIS die richtige Anlaufstelle. Hier kannst Du entweder über Google (zB „zpo ris“) oder die Suchmaske des Bundes- bzw. Landesrechts den tagesaktuellen sowie den historischen Stand des jeweiligen Gesetzes öffnen (ein heißer Tipp ist auch der Index des Bundesrechts des RIS, um auf Sondergesetz wie zB das EKHG nicht zu vergessen). Im richtigen Gesetz angekommen kann die richtige Norm über die Stichwortsuche (strg+F) leicht gefunden werden – ganz ohne langem Blättern.
Nun geht es ans Eingemachte: Der Wortlaut eines Gesetzes darf zwar nicht unbeachtet bleiben, oftmals reicht er jedoch bei Weitem nicht aus, um eine Rechtsfrage zu beantworten.
Hier kann es daher helfen, den Materialien Beachtung zu schenken. Die nationalen Materialien findest Du, indem Du den spezifischen Paragraphen im RIS öffnest und dann auf das Bundesgesetzblatt klickst, mit dem dieser Paragraph bzw. die relevante Änderung kundgemacht wurde. Auf der nachfolgenden Seite (hier als Beispiel das Bundesgesetzblatt, mit dem das Pauschalreisegesetz eingeführt wurde) sind die parlamentarischen Materialien verlinkt, welche in weiterer Folge die Erläuterungen zu der jeweiligen Regierungsvorlage ersichtlich machen.
Darüber hinaus lohnt sich immer ein Blick in einen Kommentar, in dem sich Stimmen aus der Lehre (oftmals aber auch Höchstrichter) mit der konkreten Norm und ihrer Auslegung im Detail auseinandersetzen.
Wenn das Rechercheergebnis weniger akademisch, sondern eher judikaturbasiert sein soll, ist es unerlässlich zu eruieren, wie die ständige Rechtsprechung die Rechtsfrage beurteilt (bzw ob es eine solche überhaupt gibt). In Kommentaren sind oftmals zwar Rechtssätze bzw. einschlägige Entscheidungen der Höchstgerichte zitiert, gerade aber bei der Einschätzung von Erfolgschancen eines Mandanten vor Gericht zählt: Je aktueller, desto besser. Hier hilft wieder die Suchmaske im RIS unter Judikatur, in der zu einzelnen Normen des Bundes- oder Landesrechts nach Rechtssätzen des jeweiligen Gerichtshofs gesucht werden kann (Tipp: Sollte die Kombination aus zwei Paragraphen für Dich relevant sein, gib einen Paragraphen als Stichwort ein). Sollte die europarechtliche Auslegung für Deine Rechtsfrage von Bedeutung sein, hilft Dir die Internetseite des Europäischen Gerichtshofs unter https://curia.europa.eu.
Darüber hinaus zahlt sich insbesondere bei richtungsweisenden Entscheidungen immer ein Blick in Entscheidungsbesprechungen in Fachzeitschriften aus, die die wichtigsten Punkte einer Entscheidung prägnant zusammenfassen und inhaltlich kommentieren.
Wenn Deine Suche scheinbar unendlich viele Ergebnisse liefert, die bei näherer Betrachtung Deine Frage alle nicht beantworten, solltest Du Deine Suche mithilfe von Filtern näher einschränken. Sowohl in der RDB als auch LexisNexis kann nach bestimmten Quellen (Kommentare, Zeitschriften, Entscheidungen etc) oder nach Rechtsgebieten gefiltert werden. Standardmäßig werden die Ergebnisse nach Relevanz sortiert – sollte für Dich jedoch wichtig sein, ob jüngst etwas zu einer bestimmten Norm publiziert wurde, könnte eine Sortierung nach Datum für Dich von Vorteil sein.
Sollten Deine Suchergebnisse immer noch zu unkonkret sein, bieten Dir die RDB, LexisNexis und LindeDigital weitere Suchoperatoren, wenn der Algorithmus nur in einer bestimmten Weise nach Deinen Suchbegriffen suchen soll. Die Anleitungen der jeweiligen Datenbanken sind oben verlinkt. Unsere liebsten Suchoperatoren sind Anführungszeichen für Wortkombinationen, die nur in dieser Kombination relevant sind (zB „mündige Minderjährige“) und der Stern, wenn wir uns nicht auf eine bestimmte Wortkombination festlegen wollen (zB Wettbewerb*, wodurch auch Suchergebnisse mit den Begriffen „Wettbewerbsverbot“ oder „wettbewerbsrechtlich“ und nicht nur „Wettbewerb“ angezeigt werden).
Wir hoffen, dass in diesem kurzen Leitfaden für jede von Euch ein hilfreicher Tipp dabei war. Beim Recherchieren gilt wie in allen Bereichen des Lebens: Übung macht den Meister.
Wir wünschen viel Erfolg bei der Recherche! 🙂