Das Recht von heute für die Generation von morgen: Energierecht im Wandel

Das Energierecht ist der Schlüssel zur nachhaltigen Energiezukunft. Angesichts der Herausforderungen durch Klimawandel, Energiewende und die zunehmende Nachfrage nach erneuerbaren Energien, ist es wichtiger denn je, rechtliche Rahmenbedingungen anzupassen. Dieser Beitrag zeigt, wie Energierecht nicht nur die Energieversorgung regelt, sondern auch als Karrierechance für Jurist:innen in einem dynamischen, zukunftsweisenden Bereich dient.

Energie ist der Motor unserer modernen Gesellschaft. Vom alltäglichen Stromverbrauch über die industrielle Fertigung bis hin zur nachhaltigen Energieerzeugung – die Energieversorgung ist die Grundlage für alle Lebensbereiche. Angesichts des Klimawandels, der zunehmenden Ressourcenknappheit und der fortschreitenden Digitalisierung verändert sich der Energiesektor rasant. Diese Herausforderungen erfordern eine Anpassung der bestehenden Strukturen, um eine nachhaltige und zukunftsfähige Energieversorgung sicherzustellen. Insbesondere die Energiewende und der wachsende Bedarf an erneuerbaren Energien stellen den Energiemarkt vor große Umstellungen.

Mit diesen Veränderungen wächst auch die Bedeutung des Energierechts, das als zentraler Bestandteil der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Energieversorgung fungiert. Das Energierecht regelt alles von der Erzeugung und Verteilung von Energie bis hin zu Fragen der Energiepreise und der Förderung von nachhaltigen Energien. Ein prägnantes Beispiel für die tiefgreifenden Veränderungen im Energiesektor waren vor allem die Folgen des Ukraine-Konflikts, der den globalen Energiemarkt nachhaltig destabilisiert hat. Die daraus resultierenden Preiserhöhungen bei Strom und Gas führten zu großer Unzufriedenheit unter den Verbraucher:innen, was in zahlreichen rechtlichen Auseinandersetzungen mit Energieanbieter:innen mündete. Gleichzeitig verdeutlichte die Gasverknappung die dringende Notwendigkeit, gesetzliche Rahmenbedingungen anzupassen, um die Energieversorgung auch in Krisenzeiten zu sichern. Diese Entwicklungen unterstreichen einmal mehr die Bedeutung des Energierechts, um rechtliche Klarheit und Stabilität in einem volatilen Energiemarkt zu gewährleisten.

Das Energierecht ist ein zukunftsweisendes und unverzichtbares Rechtsgebiet, das angesichts der globalen Herausforderungen eine immer größere Rolle spielt. Für die Generation von morgen bietet es nicht nur berufliche Chancen, sondern auch die Möglichkeit, aktiv zu einer nachhaltigen und gerechten Energiezukunft beizutragen.

Energie umfasst. Es ist damit nicht nur auf den Energiemarkt selbst begrenzt, sondern umfasst eine Vielzahl anderer Rechtsgebiete, wie beispielsweise das Konsument:innenschutzrecht,       Umweltrecht       und     Wettbewerbsrecht. Das Energierecht wird durch eine Reihe nationaler Gesetze geprägt. Dazu zählen das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG), das die Erzeugung und Verteilung von Elektrizität regelt, sowie das Gaswirtschaftsgesetz (GWG), das die Gasversorgung und -verteilung behandelt. Ein weiteres zentrales Gesetz ist das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das den Ausbau erneuerbarer Energiequellen fördert. Das Nationale Emissionszertifikate-Handelssystemgesetz (NEHG 2022) spielt eine Schlüsselrolle im Bereich der Emissionsminderung und in der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Das Energielenkungsgesetz (EnLG) regelt schließlich die Maßnahmen zur Sicherstellung der Energieversorgung in Krisensituationen. Zusätzlich zu den nationalen Regelungen spielen auch europäische und internationale Vorschriften eine bedeutende Rolle im Energierecht. Hierzu gehören insbesondere die EU-Richtlinien zum Strom- und Gasbinnenmarkt, die die Vereinheitlichung und Liberalisierung der Energiemärkte in Europa fördern und die Integration erneuerbarer Energien   sowie   die   Reduktion   von   Emissionen   vorantreiben. Das Energierecht ist damit ein komplexes und zunehmend wichtigeres Rechtsgebiet, das nicht nur die Marktakteur:innen betrifft, sondern auch die nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Gestaltung der Energieversorgung und den Umgang mit den globalen Herausforderungen des Klimawandels regelt. In der Praxis wird Energierecht daher in vielen Bereichen relevant – sei es in der Beratung von Unternehmen, der Vertretung vor Gerichten oder der Entwicklung von neuen, klimafreundlicheren Lösungen.

Warum ist Energierecht so wichtig?

Die Bedeutung des Energierechts hat in den letzten Jahren enorm zugenommen, da der Übergang von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien nicht nur eine technische und wirtschaftliche Herausforderung darstellt, sondern auch eine rechtliche. Der rechtliche Rahmen für Energieversorgung und -nutzung ist heute mehr denn je von zentraler Bedeutung. Ziel des Energierechts ist es, die Energiewende zu unterstützen, indem es die Nutzung erneuerbarer Energien fördert und gleichzeitig die Reduktion von CO2-Emissionen vorantreibt. Hierfür gibt es eine Vielzahl an Gesetzen und Verordnungen, die eine umweltfreundliche und ressourcenschonende Energieversorgung ermöglichen sollen. Gleichzeitig müssen jedoch auch die Interessen der verschiedenen Akteur:innen – von Energieerzeuger:innen über Netzbetreiber:innen bis hin zu Verbraucher:innen – berücksichtigt werden, um einen fairen und wettbewerbsfähigen Energiemarkt zu gewährleisten. Die Zahl der Akteur:innen steigt an, schließlich werden zahlreiche Haushalte mit Photovoltaikanlagen am Dach, deren elektrische Energie in das Stromnetz eingespeist wird, zu Erzeuger:innen. Das Energierecht ist somit ein dynamischer und komplexer Bereich, in dem nationales Recht, europäische Regulierung und internationale Abkommen miteinander verknüpft werden müssen. Dies bedeutet, dass Rechtsanwender:innen stets auf dem neuesten Stand bleiben müssen, um Herausforderungen der Energiewende oder der internationalen Energiepolitik auf rechtlicher Ebene zu analysieren und Lösungsvorschläge zu entwickeln. Ein weiteres wichtiges Element des Energierechts ist die Frage der Energieversorgungssicherheit. Staaten müssen sicherstellen, dass ihre Bürger:innen jederzeit Zugang zu Energie haben. Das bedeutet, dass auch rechtliche Rahmenbedingungen für den internationalen Handel von Energieträgern, die Netzstabilität und die Kooperation zwischen Staaten festgelegt werden müssen.

Wie kann man sich auf Energierecht spezialisieren?

Wer sich für das Energierecht interessiert, steht vor der Frage, wie man sich während oder nach dem Studium auf dieses komplexe Fachgebiet spezialisieren kann. Grundsätzlich gibt es mehrere Wege, um eine Expertise im Energierecht zu entwickeln. Zunächst einmal erfordert eine Spezialisierung im Energierecht eine solide Grundlage im klassischen Rechtsstudium. In Österreich wird in der Regel ein Bachelor- und Masterstudium oder Diplomstudium der Rechtswissenschaften absolviert, bevor man sich für eine Vertiefung in einem bestimmten Bereich entscheidet. Während des Studiums können grundlegende Kenntnisse in verschiedenen Rechtsgebieten, wie etwa dem Zivilrecht, Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht, erlangt werden, die für das Energierecht unerlässlich sind. Viele österreichische Universitäten bieten Wahlfächer und Spezialisierungsmöglichkeiten im Bereich Energierecht und Umweltrecht an. Hier lohnt es sich, gezielt Kurse zu belegen, die sich mit den rechtlichen Aspekten der Energiepolitik, der Regulierung von Energienetzen und der umweltrechtlichen Dimension von Energiefragen befassen. Das Studium ermöglicht es so, grundlegende Kenntnisse des Energiemarkts sowie der relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen zu erwerben.

Ein weiterer Schritt zur Spezialisierung im Energierecht ist die Teilnahme an postgradualen Studiengängen. In Österreich gibt es spezialisierte Masterprogramme und Weiterbildungsmöglichkeiten, die sich auf Umwelt- und Energierecht konzentrieren. Ein solches Studium vertieft nicht nur das Verständnis für die rechtlichen Aspekte der Energiebranche, sondern bietet auch praxisnahe Einblicke und ermöglicht das Knüpfen wertvoller beruflicher Kontakte.

Ein entscheidender Faktor, um sich im Energierecht zu etablieren, ist praktische Erfahrung. Es gibt zahlreiche Anwaltskanzleien und Beratungsunternehmen, die auf Energierecht und Umweltrecht spezialisiert sind. Ein Praktikum oder eine Tätigkeit in einer solchen Kanzlei oder bei einem Unternehmen der Energiewirtschaft bietet wertvolle Einblicke und ermöglicht, das theoretische Wissen in der Praxis anzuwenden. Durch die Arbeit an aktuellen Projekten und Rechtsstreitigkeiten können junge Jurist:innen sich schnell ein Netzwerk aufbauen und von erfahrenen Fachleuten lernen. Das Energierecht unterliegt ständigen Veränderungen, vor allem durch neue gesetzliche Regelungen. Eine kontinuierliche Weiterbildung ist daher unerlässlich. Fachkonferenzen, Seminare und Workshops bieten sowohl tiefergehendes Wissen als auch  die  Möglichkeit,  mit  anderen  Expert:innen  in  Kontakt  zu  treten. Nach der Spezialisierung auf Energierecht ergeben sich vielfältige Berufsperspektiven. In der Praxis kann dies bedeuten, als Anwalt:anwältin für Energieunternehmen, als Unternehmensberater:in im Bereich Energiepolitik oder als Expert:in für regulatorische Fragen im öffentlichen Sektor tätig zu werden. Auch in internationalen Organisationen und bei NGOs, die sich mit der Energiewende und dem Klimaschutz beschäftigen, sind juristische Expert:innen gefragt. Weiterhin gibt es auch Möglichkeiten in der Unternehmensberatung für Energiewirtschaft und in der Energiepolitik auf politischer Ebene.

Fazit: Energierecht und Jurist:innen – Das Recht von heute für die Generation von morgen

Das Energierecht ist nicht nur ein äußerst wichtiges, sondern auch ein zukunftsträchtiges Rechtsgebiet. Angesichts der globalen Herausforderungen im Bereich Klimaschutz, erneuerbare Energien und nachhaltige Energieversorgung bieten sich in diesem Bereich zahlreiche Chancen für Jurist:innen, einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung der Energiezukunft zu leisten. Wer sich auf diesen Bereich spezialisiert, hat die Möglichkeit, aktiv an der Gestaltung der Energiewelt von morgen mitzuwirken.

Vera Hintersteininger, LL.M.

Vera Hintersteininger, LL.M., absolvierte ihr Studium Wirtschaftsrecht (Bachelor und Master) an der Wirtschaftsuniverstiät Wien, wo sie bereits im Rahmen ihres Studiums ein besonderes Interesse am Energierecht entwickelte. Als Wahlfach belegte sie das Fach Energierecht bei Univ.-Prof. Dr. Stefan Storr. Im Anschluss daran begann sie ihre Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärterin bei der Kanzlei Beurle Rechtsanwälte GmbH & Co KG, wo sie die Möglichkeit hatte, ihr Wissen im Energierecht weiter zu vertiefen. Ihre Ausbilder, Dr. Klaus Oberndorfer und Dr. Paul Oberndorfer, gehören zu den führenden Experten im österreichischen Energierecht. Unter ihrer Anleitung konnte Vera Hintersteininger nicht nur fundierte Kenntnisse im Energierecht erwerben, sondern sich auch auf dieses Rechtsgebiet spezialisieren.

Nach dem erfolgreichen Bestehen der Rechtsanwaltsprüfung im Juni 2024 nahm Vera Hintersteininger im November 2024 ihre Tätigkeit als Counsel in der Kanzlei auf, wo sie ihre Expertise im Energierecht weiterhin ausbaut und vertieft. Zusätzlich zu ihrer praktischen Tätigkeit im Energierecht hat sie gemeinsam mit Dr. Klaus Oberndorfer einen Aufsatz veröffentlicht, der sich mit der aktuellen Judikatur im Energierecht befasst, insbesondere mit den Themen Grundversorgung und Verbraucherpreise. Der Aufsatz erschien in der Fachzeitschrift „RdU-UT 2024/22“.